Ein Unternehmen in drei Jahrhunderten
Neubeginn nach Abzug der Dragoner
Mitte des 19. Jahrhunderts erbrachten Ärzte den wissenschaftlichen Nachweis der Brauchbarkeit von Moorerde zur Heilung von Lähmungen und Rheumatismus. Vielleicht war es der belesene Schmiedeberger Arzt Dr. Heßler, der den Gewerbeverein bewogen hat, beim Magistrat den Antrag zur Einrichtung einer städtischen Moorbadeanstalt zu stellen. Der Zeitpunkt war günstig, denn mit dem Abzug der Dragoner verloren die 3.100 Schmiedeberger ihre Erwerbsgrundlage. Couragiert und in Nöten beschlossen am 28. April 1878 die Stadtväter das “Städtische Eisenmoorbad” einzurichten. Bürgermeister Moritz Hauswald zog die Fäden und galt als Wegbereiter bei der Entwicklung von der Garnisonsstadt zum Kurort. Am Ende seiner Amtszeit 1884 hatte die Stadt ein Badehaus, das erste Kurhaus und einen beachtlichen Kurpark. 1885 wurden bereits 6.487 Bäder an Kurgäste abgegeben. 10 Jahre später hatte sich die Zahl fast verdoppelt. Umbauten und Erweiterungen am Badehaus kennzeichneten die Zeit bis zur Jahrhundertwende. 1902 verfügte das Eisenmoorbad über 80 Bade- und Schwitzzellen. Der Heideort war seit 1895 mit dem schnellsten und modernsten Verkehrsmittel dieser Zeit, der Eisenbahn, erreichbar. Die Stadt hatte seit 1899 elektrisches Licht und investierte bis 1910 in den Straßenbau und das Wasserversorgungsnetz.
Das Kurhaus wird gebaut
Zum Wahrzeichen für Stadt und Kur bis in unsere Tage hinein wurde der prächtige Neubau des Kurhauses. Mehrere Anläufe waren notwendig, um die Zustimmung des Magistrats zu erlangen. Fünf Jahre vergingen über den Debatten. Carl Boenicke, der Pächter des alten Kurhauses, wurde nicht müde, den baulichen Verfall des ehemaligen Lazarettgebäudes zu beschreiben. Die Konkurrenz tat ein übriges. Das 1896 eröffnete private “Kaiserbad” zog mit gepflegtem und sehr gediegenem Komfort das honorige Publikum an. 1903 wurde der Neubau des Kurhauses beschlossen und 1905 bis 1907 die Pläne des Leipziger Architekten Artur Hänsch realisiert. Modern, ästhetisch und anspruchsvoll rief das Jugendstilhaus auch die Nörgler auf den Plan, denen wieder alles eine Nummer zu groß erschien. Der Kurort Bad Schmiedeberg war am Vorabend des ersten Weltkrieges ein anerkanntes Moorbad, gern besucht, mit leistungsfähigen Einrichtungen und technisch auf der Höhe der Zeit.In den Kriegsjahren war das Städtische Eisenmoorbad Lazarett. Langsam nur erholte sich der Badebetrieb. Anfang der dreißiger Jahre wurde der Kurpark um den Sonnenpark erweitert. Die Stadt fand zunehmend Interesse bei Tages- und Wochenendausflüglern. Ausgedehnte Wälder, Seen, Auen und saubere Luft zogen neue Gäste aus den nahegelegenen industriellen Ballungsgebieten in die Heideorte. Es sollte allerdings nicht lange währen, bis wieder Verwundete das Bild im Eisenmoorbad prägten. Der 2. Weltkrieg verschonte den Ort, aber die Badeeinrichtungen waren unbrauchbar. Die Menschen hatten andere Sorgen, als an Kuren zu denken.
FDGB übernimmt Kurbetrieb
1950 gaben nach massiven Interventionen der Kreisbehörde die Stadtverordneten ihre Zustimmung zur Übernahme des Eisenmoorbades durch die Sozialversicherung des FDGB. Kurpatienten belebten wieder das Stadtbild. Eine neue Mooraufbereitungsanlage entstand. Sie wurde bis 1997 betrieben. 1961 erfolgte die Zuordnung aller Einrichtungen des Eisenmoorbades zum staatlichen Gesundheits- und Sozialwesen der DDR. Im Kurmittelhaus wurde gründlich modernisiert und umgebaut. Der Therapiebereich wurde nach den Erkenntnissen der Kurortmedizin gestaltet. Das medizinische Profil schärfte sich. Spezialisiert auf die Behandlung rheumatischer, orthopädischer und gynäkologischer Erkrankungen erarbeitete sich das Eisenmoorbad seinen guten Ruf unter den Kureinrichtungen des Landes. Ständige Modernisierungen und Verbesserungen im Kurmittelhaus wurden von den Kurgästen geschätzt. Jährlich ließen sich ca. 6.000 Patienten in Bad Schmiedeberg betreuen. In den Jahren bis 1989 wurden die physiotherapeutischen Abteilungen im Kurmittelhaus den neuen medizinischen und therapeutischen Ansprüchen angepasst. Bewegungsbecken, Saunalandschaft, Unterwassermassagen konnten sich sehen lassen. Immer wurde etwas großzügiger und edler gebaut als anderswo. Trotz materieller Beschränkungen gelang es auch, einen Teil der vernachlässigten Gästezimmer neuen Standards anzugleichen und mit der Restaurierung des historischen Kurhauses zu beginnen.
Zeit der größten Umgestaltungen
Die letzten Monate in der Geschichte der DDR brachte für die Bad Schmiedeberger Kureinrichtung nicht nur Unsicherheit, sondern auch neue Chancen. 1990 wurde das seit langem angestrebte Ziel der Umstellung des Energieträgers erreicht. Mit den ersten zweieinhalb Millionen DM an Fördergeldern konnte die luftverschmutzende Braunkohlenfeuerung durch Erdgasheizung ersetzt werden.Erwiesene Leistungsfähigkeit und die medizinisch-therapeutische Ausstattung beeinflussten gewiss die Entscheidung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, ab Januar 1991 Patienten zur Rehabilitation nach Bad Schmiedeberg zu schicken. Fast nahtlos erscheint heute der Übergang in das neue Wirtschafts- und Sozialsystem. Am 14. Januar 1991 nahm die Eisenmoorbad Bad Schmiedeberg-Kur-GmbH i.G. mit 25 Patienten als erste und einzige Kureinrichtung in den neuen Bundesländern den Kurbetrieb wieder auf. Am 1. Juli 1991 unterzeichnen Stadt und Landkreis den Gesellschaftervertrag für die Eisenmoorbad Bad Schmiedeberg-Kur-GmbH. Damit begann wohl in der Kurgeschichte Bad Schmiedebergs die Zeit der größten Umgestaltungen und Investitionen. Die eingeleiteten Veränderungen sollten langfristig die Zukunft des Kurortes sichern.