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Kraftwerk im Keller

Aus GÄSTEMAGAZIN Nr. 58 (gekürzt)

Den Auftrag für den Bau der zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) erhielt die EVH GmbH, ein Unternehmen der Stadtwerke Halle-Gruppe. Mit dem Projektleiter Lutz Vogelpohl, Teamleiter im Bereich Energiedienstleistungen, sprach Uwe Hesse.

Herr Vogelpohl, wie kamen das Eisenmoorbad und die Stadtwerke Halle für dieses Projekt zusammen?
Als hallescher Energieversorger sind wir schon seit Mitte der 90er Jahre als Contractor (Planung, Errichtung, Finanzierung und Betrieb von Energieerzeugungsanlagen) aktiv. Der Kontakt kam über unseren Marktpartner die Firma ENES Ltd. zu Stande, welche zum BHKW-Einsatz beratend tätig ist und in vielen deutschlandweiten BHKW-Projekten mit uns als EVH GmbH zusammen arbeitet.

Wie funktioniert so ein Blockheizkraftwerk?
... Mittels eines Verbrennungsmotors, welcher im Eisenmoorbad mit Erdgas angetrieben wird, wird ein Generator zur Stromerzeugung angetrieben. Der erzeugte Strom wird größtenteils bei Ihnen im Eisenmoorbad verbraucht. Nicht verbrauchter Strom wird an den Stromnetzbetreiber abgegeben, sprich in das vorgelagerte Netz eingespeist. Die bei diesem Prozess anfallende Abwärme wird für die Heizung und die Warmwassererzeugung genutzt. Ein BHKW kann man wärmegeführt oder stromgeführt betreiben. Bei Ihnen im Eisenmoorbad ist ersteres der Fall. Das heißt, dass das BHKW nur in Betrieb ist, wenn bei Ihnen Wärme benötigt wird, beispielsweise für die Erzeugung des Trinkwarmwassers, zur Beheizung der Schwimmbäder o. ä.   

Gibt es in unseren Kliniken Besonderheiten, die Sie für ein BHKW beachten müssen?
Die gibt es auf alle Fälle. Schon in den zahlreichen Gesprächen, die vor Vertragsabschluss stattgefunden haben, hat uns unser Gesprächspartner auf Besonderheiten und Wünsche des Eisenmoorbades aufmerksam gemacht.So musste beachtet werden, dass Einbau und Einbindung in das bestehende Heizungssystem im laufenden Betrieb stattfinden. Dies bedeutet für uns, dass notwendige Unterbrechungen der Wärmeversorgung bzw. Trinkwarmwasserversorgung so kurz wie möglich gehalten werden bzw. in Zeiten ausgeführt werden müssen, in denen es nur zu minimalen Einschränkungen kommt. ... Viel Wert legte das Eisenmoorbad auch auf die wichtigen Themen Schall- bzw. Lärmschutz während des Betriebes: Jede Maschine erzeugt Lärm. Diesen gilt es durch bauliche Maßnahmen, z. B. Schalldämpfer, schallentkoppelte Fundamente, Abgasschalldämpfer zu vermeiden bzw. einzudämmen.

Konventionelle Stromerzeuger können nur etwa 40 Prozent der im Brennstoff, bei uns Erdgas, gespeicherten Energie nutzen. Welchen Wirkungsgrad werden unsere BHKW erreichen?
Die bei Ihnen eingebauten BHKW mit 210 KW elektrischer Leistung und 263 KW thermischer Leistung wurden durch die Firma Wolf Power Systems geliefert. Jedes BHKW hat einen Gesamtwirkungsgrad von 85,6 %, wobei der elektrische Wirkungsgrad 38 % und der Thermische Wirkungsgrad 47,6 % beträgt. Der Primärenergieeinsparung pro BHKW beträgt dabei 23 %. Im Bezug zu den konventionellen Stromerzeugern wird bei dem System der Kraft-Wärme-Kopplung über die doppelte Menge der im Erdgas gespeicherten Energie genutzt.

Die Funktionsweise eines BHKW beruht auf seinem Kern: einem Verbrennungsmotor. Was für einen Motor setzen Sie ein?
Der im BHKW verbaute Motor ist ein mit Erdgas angetrieben MAN-Motor. Es ist ein 4-Takt Motor mit 6 Zylindern, einen Hubraum von 12,4 l und treibt einen Marelli Synchrongenerator an. Der Motor ist auf eine Dauerlaufleistung, bei regelmäßigen Wartungen, von ca. 50.000 Betriebsstunden ausgelegt. Nach ca. 50.000 Betriebsstunden erfolgt einer Generalüberholung des Motors.

Müssen wir wirklich nicht befürchten, diesen Motor im Gebäude zu hören, wenn er läuft?
Nein, denn das wird durch technische und konstruktive Maßnahmen verhindert. Wie schon besprochen war das Thema Lärm und Schall ein wichtiges Kriterium bei den Vertragsverhandlungen. So sind die BHKW mit einer Schallkapsel umhaust. Weiterhin sind im Abgassystem jeweils zwei Schalldämpfer verbaut, um den Schall im Abgassystem unter die zugelassenen Schallwerte zu minimieren. Auch bei der zugehörigen Lüftungsanlage wurde mit Schalldämpfern gearbeitet um keine Beeinträchtigung im Kurbetrieb zu bekommen.

Wie überall ist der Bedarf der Kliniken an Wärme und Elektroenergie am Tag oder zu verschiedenen Jahreszeiten unterschiedlich. Wie werden Bedarfsspitzen ausgeglichen?
Der Einsatz der BHKW deckt nicht die Bedarfsspitzen. Recht haben Sie, dass der Bedarf an Wärme- und Elektroenergie in Kliniken sehr hoch ist. Gerade deswegen lohnt sich der Einsatz von BHKW. Einerseits wird eine Grundlast der benötigten Wärmeenergie erzeugt und mit dem erzeugten Strom wird ebenfalls die Grundlast abgedeckt. Dies führt zu Einsparungen bei den Strombezugskosten. Die Bedarfsspitzen werden weiterhin bei der Wärme über Gaskessel abgedeckt. ...

Ihre Präsenz hier endet nicht nach der Inbetriebnahme. Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen dem Eisenmoorbad und der EVH GmbH zukünftig aus?
Ganz genau: Nach der Inbetriebnahme folgt die Betriebsphase. Hier haben wir mit dem Eisenmoorbad einen Servicevertrag über die nächsten zehn Jahre abgeschlossen. Dieser beinhaltet einen technischen Service inklusive Wartungen, Instandsetzungen, Störbeseitigungen und vielem mehr. Wir unterstützen das Eisenmoorbad aber auch bei kaufmännischen Belangen rund um das BHKW. Dies beinhaltet u. a. die Meldungen an Behörden, Abrechnungen etc. Uns ist eine lange und erfolgreiche Zusammenarbeit wichtig – genau dafür ist das Geschäftsmodell Contracting ausgelegt. Wir hoffen mit der Umsetzung des Projektes in Ihrem Haus für die nächsten Jahre auf eine für beide Seiten erfolgreiche und gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

Herr Vogelpohl, ich danke Ihnen für das Gespräch und die Informationen.

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